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Eisbärenradar zum Schutz von Arktissiedlungen

Geschrieben von Eva Fuchs am . Veröffentlicht in Menschen & Politik.

Wenn hungrige Eisbären im Herbst darauf warten, bis die Hudson Bay zufriert und sie wieder auf Robbenjagd gehen können, stellen die Tiere eine Gefahr für die 900 Menschen dar, die in Churchill leben. Die Stadt arbeitet nun an einem Plan zur Verhinderung von Konflikten zwischen den Bären und den Menschen. Dabei soll ein neues Radarsystem verwendet werden, das beobachten und warnen kann, wenn sich ein Bär der Stadt nähert.

„Das Radar sieht alles“, sagte Geoff York, Senior Conservation Director von Polar Bears International, der in diesem Jahr die künstliche Intelligenz des Systems „trainiert“ hat, um Bären in der Tundra in der Nähe von Churchill zu erkennen. Die Radarüberwachung funktioniert im Gegensatz zu menschlichen Eisbärenpatrouillen auch während eines Schneesturms, Nebel oder mitten in der Nacht. „Es ist eine weitere Möglichkeit, um Gemeinden oder Camps zu schützen“.

Eisbär, Hund oder Auto? Ein Überwachungsradar soll die Arktisgemeinden über sich nähernde Gefahr warnen. (Bild: Joe Brockmeier / Flickr CC BY 2.0)
Eisbär, Hund oder Auto? Ein Überwachungsradar soll die Arktisgemeinden über sich nähernde Gefahr warnen. (Bild: Joe Brockmeier / Flickr CC BY 2.0)

„Da das Meereis durch den Klimawandel früher aufbricht und sich später bildet, sehen wir mehr Bären, an mehr Orten und für längere Zeit an Land“, erklärt York. „Wir bereiten uns damit auf ein Szenario mit einer verstärkten Mensch-Bär-Interaktion und einen verstärkten Mensch-Bär-Konflikt vor. Wir versuchen, einen Schritt voraus zu sein.“

Churchills letzter Bärenangriff fand 2013 statt, als ein Eisbär eine Frau angriff, die von einer Halloween-Party nach Hause ging. Die Frau überlebte mit sehr viel Glück. Als Reaktion darauf wurde der Bär getötet.

Ein betäubter Eisbär wird vom Eisbärengefängnis per Helikopter ausgeflogen. (Bild: Emma / Flickr CC BY 2.0)
Ein betäubter Eisbär wird vom Eisbärengefängnis per Helikopter ausgeflogen. (Bild: Emma / Flickr CC BY 2.0)

Das Bärenradar, auch „Beardar“ genannt, wurde in der Tundra ausserhalb von Churchill installiert. Jedes Jahr versammeln sich hier die Bären auf ihrer Wanderung. Das Radar wurde von einer privaten Überwachungsfirma ursprünglich für militärische Zwecke entwickelt, soll normalerweise also vor Drohnen, Fahrzeugen und anderen menschlichen Bedrohungen warnen. Der Algorithmus des Systems hat nun stattdessen gelernt, Bären von anderen grossen Objekten, wie Karibus, Fahrzeugen oder Menschen zu unterscheiden. Wenn das Radar einen Bären entdeckt, der in Richtung einer Siedlung läuft, alarmiert es die Wildhüter. Diese haben dann mehr Zeit, den Bären zu verscheuchen, z.B. per Helikopter. So können Schäden für die Menschen und für den Bären verhindert werden. Bisher konnten die Behörden jeweils erst nach einer gemeldeten Bärensichtung reagieren.

Die Bewohner von Churchill sind es sich gewohnt, einen Teil des Jahres mit Hunderten von Bären zusammen zu leben: In der Regel lassen die Stadtbewohner Autotüren und Häuser unverschlossen, falls jemand Schutz vor den Tieren suchen muss. Wenn ein Bär wiederholt zu nahe kommt, wird er eingefangen und in das sogenannte Eisbärengefängnis in einem alten Militärflugzeughangar gebracht, bis er später an die Küste gebracht werden kann. "Im Durchschnitt nehmen wir 30 bis 50 Bären pro Saison auf", sagt der Naturschutzbeauftragte Andrew Szklaruk. Wenn sich die Region weiter erwärmt, könnte diese Zahl steigen.

Das weltweit einzige Eisbärengefängnis in Churchill, Manitoba. Hier warten die „Problembären“ darauf, bis sie wieder ausgesetzt werden. (Bild: Emma / Flickr CC BY 2.0)
Das weltweit einzige Eisbärengefängnis in Churchill, Manitoba. Hier warten die „Problembären“ darauf, bis sie wieder ausgesetzt werden. (Bild: Emma / Flickr CC BY 2.0)

Nächstes Jahr wird der „Beardar“ erstmals auf dem Campingplatz von Longyearbyen auf Spitzbergen eingesetzt, wo im August ein Niederländer von einem Eisbären angegriffen und getötet wurde.

Quelle: Arctic Today / Polar Bears International